Die Legendären Senn-Chopper

Zwischen 1980 und 1988 wurden diese edlen Chopper von Walter Senn in Densbüren gebaut. Jede dieser Maschinen ist auf seine weise ein Unikat. Es sind ca. 130 Stück gebaut worden davon 4 als Mastiv. Im nachfolgenden Bericht von einem Easy Rider Heft aus dem Jahre 1983 könnt Ihr
einiges erfahren, über den Mytos Senn-Chopper.

 

Senn schon mal gehört? Klaro zumindest regelmässigen EasyRider Leser ist die Chopperwiege Im Schweizerischen Densbüren eine bekannte Institution. Dort im Kanton Aargau, etwa 30 Kilometer südlich der Grenze. Dort wo die Senner werkeln, kann die Schweiz nicht mehr in Ordnung sein. Die Moto Spezial AG hat etwas neues zum Thema, easy riding auf Lager: einen Chopper, eine Harley. Eigentlich hatte sie ihn schon länger, nur, jetzt dürfen ihn auch die Deutschen haben und fahren. Weil`s der TÜV erlaubt. Mit gewaltigem Zeit und Finanzaufwand boxte Georg Senn ein Mustergutachten bei den Mannheimer TÜV-Sachverständigen durch. Das heisst noch nichts von ABE, wohlgemerkt. Jeder Chopper, der bei Senn gebaut oder unter Verwendung von Teilen des Hauses zusammengeschraubt wurde, muss zum TÜV. Einzelabnahme. Der Behörde Kleinkrieg lohnt sich. Denn an Pracht und Herrlichkeit kann sich die Senn-Harley mit jedem langgabeligen Protzophon amerikanischer Highways messen. Optisch. In technischer Hinsicht dürfen die US-Boys schon gar keine Chance mehr haben. Für die glänzenden Metallprodukten des Universalausrüster, Drag Specialty haben die Senner ein müdes Lächeln überig. Wir spürten im Laufe unseres zweitägigen Besuches mehrfach, dass man in Densbüren nicht nur ins Blaue hinein urteilt. Wenn es sein muss, gibt der Georg zu jedem verbauten Teil der Senn-Harley das genau verwendete Material sowie die einzelnen Bearbeitungsgänge an. Wie er dazu kommt? Ganz einfach: bis auf wenige Zubehörteile wie Lampengehäuse oder Fussrasten wird alles im eigenen Betrieb gefertigt. Schneiden, Schleifen, Lackieren, alles machen sie selber. Natürlich auch Entwurf und Styling. Ein Punkt der gerade beim neuen Harley-Rahmen mit hundertprozentigem Erfolg abgehakt wurde. Masse und Formen dieses Chopper haben Beispielcharakter. Was macht ein attraktives Custom-Bike aus? Langer Radstand, tiefe Sitzposition, viel Bodenfreiheit und eine Rahmenlinie, die möglichst nahe an die des klassischen Starrahmens herankommt. Und das ohne Komforteinfluss: der Federweg des Originalmodells blieb erhalten. Apropos Originalmodell: damit hat ein fertiger aufgebauter Senn-Chopper nur noch wenig gemeinsam. Walter Senn erläutert die Bestanteile des Kits etwas genauer: Im Grunde enthält unser Kitt alle Bauteile bis auf den Motor die Elektrik und das Getriebe

sprich den rahmen, die Trapezgabel, Schwinge, Bremsanlage, Reifen, Lampe, Fussrastenanlage, Tank, Sitzbank und Armaturen. Der Rahmen selbst wird einzeln unter mehrfachen Kontrollgängen angefertigt. Als Material verwenden wir eine Speziallegierung aus Präzisionsstahlrohr mit einem Durchmesser von 26mm und 3mm Wandstärke. Besonderes Augenmerk verdient auch die Trapezgabel. Der Aufwand an Materialbearbeitung ist selbst im kleinsten Detail noch zu erkennen. Selbst die Gabelgelenkbolzen werden aus frei Hand geschmiedeten Stahlstäben gearbeitet. Ein weiteres gutes Beispiel bietet die Nabenöse am Gabelende. Senn schmiedet sie samt Gabelholm aus einem Stück. Die Bremsanlage gehört zu den wenigen Zubehörteilen, die die Densbürer einkaufen. Man vertraut auf Brembo Zangen und Grimeca-Zylinder, die Bremsschläuche kommen aus dem Formel 1-Rennsport. Preis pro Stück Fr. 280.-!! Ausstattungsdetail Felgen: Hier hat der Kunde die Wahl zwischen einer geschweissten Vierspeichenfelge hinten/Sechsspeichen vorne (im Kit-Preis enthalten) und der aus zwei Jaguarfelgen zusammengeschweissten Hinterradfelge mit entsprechender Stahlspeichenfelge vorne. Aufpreis Fr 1650.-. Auch in der Hinterradbereifung macht man Anleihen bei den Automobilausrüstern. Riessenschlappen Dimension 175SR-15 ZX von Michelin halten laut Aussage der Oberschweizer Choppergurus gut 50`000Km. Der Kitt allein macht natürlich noch keinen aussergewöhnlichen Chopper. Zur grossen Linie kommt anschliessend der ganz persönliche Stil des Kunden, der sich in erster Linie in der Oberflächenbearbeitung, aber auch in der Anbringung von Chromdetails, spezieller Sitzbänke etc. aussert. Allein die Gestaltung des Tanks, eventuell das Anbringen eines Tankgemälde, sind eine Wissenschaft für sich, von Gravuren oder dem Vergolden bestimmter Teile ganz zu schweigen. Senn hat`s: Achsabstand 1947mm, das heisst 50cm mehr als der durchschnittliche Radstand grosser Serienmaschinen. Die zum Fahrersitz hin weit abfallende Stufensitzbank zeigt, in welch exemplarischer Weise mit dem Punkt Sitzhöhe verfahren wurde. Clou der Linienführung ist sicherlich die Stellung der hinteren Federbeine, die sich in fast gerader Linie an die oberen Rahmenrohre anschliessen. Der optische Eindruck des bis an die Hinterradnabe durchgehenden

Starrahmens geriet so perfekt. lässt sich Senns rollendes Schaustück dann überhaupt noch fahren? Wer davon ausgeht, dass sich mit langer Gabel nur kilometerweites geradeaus donnern lässt, wird bei dieser Harley ordentlich überrascht sein. Die Handlichkeit, das problemlose Durchschwingen auch enger Kurvenkombinationen sind nicht zuletzt Resultat des vergleichsweisse geringen Nachlaufs von 77mm. Das müsste zwangsläufig zu Instabilität bei sehr hoher Geschwindigkeit führen. Mit Sicherheit wird man mit einer GSX nicht um die Wette fahren können. Bis180km/h bleibt die Harley jedoch stabil, was soll`s also, da der normale 1340er Motor nur mit 156km/h Höchstgeschwindigkeit angegeben wird. Das vergleichsweisse geringe Gewicht von 220Kg verteilt sich naturgemäss etwas anders als gemeinhin üblich. Die Hauptlast wirkt aufs Hinterrad, so das im Gegensatz zum, normalen Motorrad vorwiegend mit der Hinterradbremse verzögert wird. Wir waren insgesamt vom Fahreindruck, vor allem auch vom Fahrkomfort, den Trapezgabel und Schwinge vermitteln, begeistert. das der rahmen auch mehr als den ohnehin nicht gerade schwächlichen 1340er Harley Motor verkraftet, demonstrieren die verschiedenen Tuningstufen, die die Moto Spezial AG den Aggregaten aus Milwaukee angedeihen lässt.1600- oder gar 2000ccm Harley Hubraum sind keine Zukunftsmusik mehr. Alles schon dagewesen. Mit einfachem, Aufbohren ist da natürlich nichts gerichtet. Wenn Walter Senn die 1600er Version angeht, fliegt erst mal die Kurbelwelle raus. Neue Welle, neue Lager, verstärkte Pleuel, geschmiedete Kolben, neue Ventile, dreifache Ventilfedern, neue Nockenwelle und das ist Voraussetzung, etwa 6000 Fränkli, wenn der Hinterradpneu künftig etwa 90PS auf die Strasse bringen soll. Dann aber ist`s zum Dragster nur noch ein kleiner Schritt. Wer den ersten Schritt nach Densbüren nicht scheut, tut gut daran rechtzeitig zu planen. Zwischen dem Datum der Auftragserteilung und dem fertigen Motorrad liegen mindestens zwei Monate. Im laufe dieses Jahres werden die Senn Brüder auch in der Bundesrepublik einen Vertrieb ihrer Produkte einrichten. Für deutsche Chopperfans ein Grund sich zu freuen.

Ölschläuche höchster Qualität

Der freiliegende Primärantrieb

Der Motor wurde mit zahlreichen Gravuren optisch aufgewertet

 

Jaguar Felge

Vielspeichenrad Jg. 1973 (144 Speichen) 15x4.5" Bereifung 175SR15
Gewaltig für Damals. Diese Räder wurden verwendet bis 1988.